Staatliche Tretjakow-Galerie: Russische Kunst wie noch nie zuvor gesehen

Wenn du ein Kunstliebhaber bist, dann solltest du dir dieses Museum in Moskau nicht entgehen lassen: die Staatliche Tretjakow-Galerie, das Hauptmuseum der russischen Volkskunst. Ich kann die versichern, dass du von der Sammlung russischer Gemälde in diesem Museum überrascht sein wirst und sie dir dabei helfen wird, die Geschichte Russlands besser zu verstehen. Zudem gebe ich dir Infos dazu, wie du deinen Besuch am besten organisierst und welche Stücke du unbedingt sehen solltest.

 0. Die Ursprünge des Museums und die verschiedenen Gebäude

Im Museumsshop der Eremitage fand ich eines Tages beim Stöbern in einem Kunstbuch eine Liste der sieben besten Kunstmuseen der Welt: die Eremitage stand an erster Stelle, gefolgt vom Louvre, dem Met, dem Van Gogh Museum, dem Prado und dem Rijksmuseum. An siebter Stelle befand sich die Tretjakow-Galerie.

Die Staatliche Tretjakow-Galerie oder kurz Tretjakow ist eines der wichtigsten Museen des Landes, das bedeutendste Museum Moskaus und das wichtigste Repositorium russischer Kunst – ein absolut unverzichtbarer Ort für Kunstliebhaber. Die Sammlungen reichen von mittelalterlichen Ikonen über die Tendenzen des sowjetischen sozialistischen Realismus und der Avantgarde bis hin zu den bedeutendsten nationalen Malern der letzten Jahrhunderte bis zum heutigen Tage.

Der Gründer des Museums

Der Name der Galerie geht auf Pavel Tretjakow zurück, ein Moskauer Textilkunstsammler, der im Jahre 1856 mit seiner Kollektion begann, bei dem ihm sein Bruder Sergei half. Im Jahr 1892, als seine Kollektion bereits aus etwa 2.000 Werken bestand, gab er sein Vermächtnis an die Stadt ab. Ein Jahr später fand die offizielle Einweihung der Galerie statt.

Dieser große Philanthrop starb im Jahre 1898 und wurde auf dem einzigartigen und wunderschönen Friedhof von Nowodewitschi beigesetzt. Es schien, als hätte er keine Ahnung von der großen Popularität seiner privaten Gemäldesammlung gehabt. Hier ist ein Porträt von Pavel Tretjakow von Ilya Repin (1883):

Ein Museum, das sich über verschiedene Gebäuden erstreckt

Die Staatliche Tretjakow-Galerie besteht aus einer Gruppe von Museen. Zu den bedeutendsten zählt die Galerie selbst, in der Werke vom 11. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ausgestellt werden, sowie die Neue Tretjakow-Galerie, in der du Darstellungen zeitgenössischer russischer Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts findest. Beide Museen sind sehr zentral gelegen.

In der Staatlichen Tretjakow-Galerie, der Neuen Tretjakow-Galerie und den anderen Außenstellen befinden sich insgesamt schätzungsweise mehr als 180.000 Werke, was die Sammlung zu einem der wertvollsten russischen Kunstschätze macht. Sie besteht vor allem aus Gemälden, jedoch auch aus Skulpturen und anderen grafischen Darstellungen.

1. Staatliche Tretjakow-Galerie (Lavrushinsky Lane, 10) – das Hauptgebäude

Die Hauptausstellung der Tretjakow-Galerie, die normalerweise als erstes besucht wird, befindet sich in der Lavrushinsky Lane 10, in sehr zentraler Lage und nur 15-20 Gehminuten vom Roten Platz, dem Kreml und der Christ-Erlöser-Kathedrale entfernt.

Die nächstgelegene Metro-Station zur Galerie ist “Tretjakovskaja”.

Die Hauptfassade der Galerie (Lavrushinsky Lane, 10) wurde zwischen 1902 und 1904 errichtet und erinnert an ein russisches Märchen. Direkt vor dem Eingang zum Museum befindet sich eine Statue des Gründers Pavel Tretjakow. In diesem Gebäude findest du Stücke aus dem 11. bis Anfang des 20. Jahrhunderts, von den berühmtesten russischen Ikonen bis hin zu prämongolischen Mosaiken und selbstverständlich auch russische Meisterwerke in Form von Portraits und modernen Landschaften.

Etwas später wurde auch die aus dem 17. Jahrhundert stammende, angrenzende St.-Nikolaus-Kirche Teil des Museums. In ihr werden vor allem religiöse Werke, wie imposante Ikonen, ausgestellt.

Mit der Zeit kamen weitere Anbauten zur Galerie hinzu, wie z.B. das Ingenieurgebäude, das durch mehrfache Erweiterungen, aufgrund derer die Fläche der Ausstellungshallen vervielfacht wurde, entstanden ist.

Zu erwähnen ist hier, dass die Staatsgalerie im Mai 2012 die Schachweltmeisterschaft veranstaltete, um so zu versuchen, die Fusion aus Sport und Kunst zu fördern.

Eine weitere Kuriosität ist, dass die Sammlung des Museums während des Zweiten Weltkriegs, im Jahre 1941, vorübergehend mit dem Zug nach Nowosibirsk, der sibirischen Hauptstadt, und nach Perm gebracht wurde, um sie zu schützen.

1.1. Was du in der Tretjakow-Galerie nicht verpassen solltest: die bedeutendsten Werke

Ich möchte gerne einige der bedeutendsten Werke und Künstler der Staatlichen Tretjakow-Galerie hervorheben, da dir dies sicher hilfreich für deinen Besuch sein wird:

• Werke von Wassili Iwanowitsch Sulikow (1848-1916), einer der berühmtesten realistischen Maler Russlands. Seine herausragendsten Arbeiten befassen sich mit historischen Themen rund um Russland. Zu den interessantesten gehören:
  • Am Morgen der Hinrichtung der Strelizen (1698), die Strelizen waren ein russisches Militärkorps, das 1550 während der Herrschaft von Ivan IV. (“Ivan, der Schreckliche”) gegründet wurde und Land als Bezahlung für ihre Dienste erhielt. Im Laufe des 16. Jahrhunderts haben sie sich zu einer Elitetruppe entwickelt und gewannen Einfluss am russischen Hof. Im Jahre 1698 rebellierten sie (Strelitzen-Aufstand von 1698) gegen Zar Peter, als dieser sich außerhalb Moskaus aufhielt. Nach seiner Rückkehr, bestrafte er die Strelitzen hart und köpfte einige von ihnen sogar persönlich.
  • Die Bojarin Morosowa. Feodosia Morozova war eine der bekanntesten Anhängerinnen der Bewegung der Altgläubigen, auch Raskolniki genannt. Das Gemälde zeigt die Verhaftung von Feodosia im Jahr 1671, in der sie zwei Finger in die Luft hält und so die alte Form des aus zwei Fingern bestehenden Kreuzzeichens macht.

• Die drei Bogatyr (1898) ist eines der Hauptwerke von Viktor Vasnetsov, an dem er zwanzig Jahre lang arbeitete. In ihm sind die slawischen Helden zu sehen: Dobrinia Nikítich, Iliá Múromets und Aliosha Popóvich.

• Eine religiöse Prozession in der Provinz Kursk (1880-1883) von Ilja Repin, einem exquisiten und berühmten russischen Maler des Realismus, von dem auch das berühmte Gemälde Iwan, der Schreckliche und sein Sohn (1885) stammt, ein Gemälde, das im Mai 2018 Opfer eines vandalistischen Aktes wurde.

• Werke von Mikhail Vrubel (1856-1910)
  • Prinzessin Traum (1896)
  • Die Schwanprinzessin (1900)

• Die Offenbarung des Christus gegenüber den Menschen (1837-1857) von A. A. Ivanov, an dem er 20 Jahre arbeitete.

• Christus in der Wüste (1872), von Iwan Kramskoi.

• Die Dreieinigkeit von Andrej Rublev, dem berühmtesten religiösen Künstler des Landes. Es handelt sich um ein berühmte Ikone, von der man annimmt, dass sie zwischen 1425 und 1427 gemalt wurde.

• Die Apotheose des Krieges (1871) von Wassili Wassiljewitsch Wereschtschagin, einer der berühmtesten Pazifisten der Kunstgeschichte. Eine Pyramide mit den Köpfen seiner Opfer am Rande der eroberten Städte zu hinterlassen, war ein Brauch des türkisch-mongolischen Eroberers Tamerlane. Mit der schockierenden Szene wollte Wereschtschagin nicht nur dies anprangern, sondern all die Kriege, zu denen es bereits in der Vergangenheit kam und die noch ausstehen.

• Komposition VII (1913) von Wassily Kandinsky, einem Vorreiter der abstrakten und expressionistischen Kunst weltweit. Weitere seiner Werke befinden sich in der Neuen Tretjakow-Galerie.

• Prinzessin Tarakanova (1864) von Konstantin Dmitrievich Flavitsky, das eine Überschwemmung in der Peter-und-Paul-Festung in einer Zelle zeigt, in der sich eine angeblich falsche Tochter der Kaiserin befindet.

• Die Jungfrau von Wladimir, eine Ikone des frühen 11. Jahrhunderts, die im 14. Jahrhundert zum meist verehrten Werk Russlands wurde. Sein Schöpfer ist unbekannt, es ist jedoch byzantinischen Ursprungs und befindet sich in der St.-Nikolaus-Kirche.

• Porträt einer unbekannten Frau (1883) von Iwan Nikolajewitsch Kramskoi. Es zeigt eine ruhige Frau mit offenen Blick und gilt heute als sehr beliebtes Werk in Russland. Dies war jedoch nicht immer der Fall, denn anfangs dachten viele, dass es sich um eine arrogante und unmoralische Frau handelte.

• Das Mädchen mit den Pfirsichen (1887) von Walentin Alexandrowitsch Serow, einem der russischen Meistermaler. Dieses Gemälde gilt allgemein als Ausgangspunkt des russischen Impressionismus. Hier sei auch Aldea (1898) von Serow zu erwähnen.

• Morgen im Pinienwald (1889) von Iwan Iwanowitsch Schischkin und Konstantin Apollonowitsch Sawizki. Eines der bekanntesten Gemälde der russischen Kunst. Ein Teil des Gemäldes dient als Verpackung für eine berühmte russische Schokoladenmarke, die ich seit meiner Kindheit liebe.

• Dämon, im Garten sitzend (1890) von Mikhail Aleksandrovich Vrubel. Hierbei handelt es sich nicht um das typische Porträt des Teufels mit Hörnern und Schwanz. Dieser Dämon ist das Gegenteil , denn er war in Wirklichkeit ein Engel, bevor er sich seinem Schöpfer stellte.

• Das Bad des roten Pferdes (1912) von Petrow-Wodkin

• Schwarzes Quadrat von Kasimir Malewitsch, ein Werk, das wirklich niemanden gleichgültig lässt und dessen letzte Version schätzungsweise aus den späten 1920er oder frühen 1930er Jahren stammt. Bemerkenswert ist auch Malewitschs Selbstbildnis (1910-1911).

1.2. Öffnungszeiten und Tickets (online)

• Dauer des Besuchs: Ich würde für den Besuch mindestens 2 Stunden einplanen, jedoch hängt dies wirklich von deinen Vorlieben ab und wie lange du vor jedem Stück verweilen möchtest. 
• Restaurants: Im Inneren des Museums befindet sich eine Cafeteria, in der du dich stärken kannst, wobei ich nicht empfehle, dort zu essen. Es gibt dort auch einen Souvenirladen. Wenn du auf der Suche nach einem guten Restaurant außerhalb des Museums bist, dann empfehle ich dir das Abramov. Es bietet kunstvolle russische Küche und ist nur 5 Gehminuten von der Galerie entfernt. Etwas günstiger ist das ukrainische Restaurant Taras Bulba, das ebenfalls ca. 5 Gehminuten entfernt ist, oder auch das Grabli.
• Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch und Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr. Donnerstag, Freitag und Samstag von 10:00 bis 21:00 Uhr. Montags geschlossen.
• Online-Tickets: Die Staatliche Tretjakow-Galerie bietet ein Basisticket zu den Dauerausstellungen für 500 Rubel an, das du online kaufen kannst. Wenn du jedoch zu einer temporären Ausstellung oder zu beiden gehen möchtest, dann musst du ein anderes Ticket kaufen. Studenten mit internationaler ISIC-Karte erhalten 50% Rabatt und für Personen unter 18 Jahren ist der Zugang kostenlos. Wie auch für andere belebte und beliebte Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt, und vor allem im Sommer, ist es ratsam, Tickets im Voraus zu kaufen, so dass du nicht viel kostbare Zeit in den Warteschlangen vergeudest. Den Prozess des Online-Ticketkaufs kannst du in folgenden Screenshots sehen. In diesem Beispiel kaufe ich Tickets für einen Erwachsenen (500 Rubel) und ein Kind unter 18 Jahren (kostenlos) für den 21. Juli 2019:

2. Neue Tretjakow-Galerie (Krimsky Val, 10) – das Museum des 21. Jahrhunderts

Die Neue Tretjakow-Galerie (mit Sitz in Krymski Val, 10), die 1985 administrativ mit der Staatlichen Tretjakow-Galerie zusammengeschlossen wurde, begeistert seine Besucher heute mit Darstellungen russischer Gegenwartskunst des 20. und 21. Jahrhunderts, Avantgarde und neuen Trends von heute.

Das angrenzende Gebäude, das sogenannte Zentrale Haus der Künstler, beherbergt seit den 1980er Jahren Künstler von Weltrang. Für das Jahr 2022 ist ein umfangreicher Umbau geplant.

Die nächstgelegene Metro-Station zur Staatsgalerie ist “Oktryabrskaya”.

Zwischen der Staatlichen Tretjakow-Galerie (Lavrushinsky Lane, 10) und der Neuen Tretjakow-Galerie (Krimsky Val, 10) liegen ca. 2 Kilometer, so dass du zu Fuß ca. 25 Minuten benötigst. Während dieses Spaziergangs kannst du dir das Denkmal für Peter I. anschauen, das sich auf einer kleinen Insel befindet, 98 Meter hoch und fast 1.000 Tonnen schwer ist.

Die Neue Tretjakow-Galerie ist zweifelsfrei einen Besuch wert. In ihr findest du russische moderne Kunst mit Werken von Kandinsky, Chagall und Malewitsch. Ich empfehle dir auch den umliegenden Park mit Skulpturen und Denkmälern der ehemaligen Sowjetunion zu besuchen.

Das Ticket kostet 500 Rubel und kann online auf der Website gekauft werden. Die Öffnungszeiten sind dieselben wie die des Hauptgebäudes der Tretjakow-Galerie und auch der Besuch dieser Galerie dauert mindestens 2 Stunden.

3. Führungen auf Deutsch und Englisch

Wenn du an einer Führung teilnehmen möchtest, um die Werke dieses wunderbaren Museums besser zu verstehen, dann kannst du aus verschiedenen Anbietern auswählen, die diese organisieren. Ich empfehle dir folgende:

• Moskau: Private Tour in der Tretjakow-Galerie (auf Deutsch)

Ich hoffe, dass dir dieser Artikel dabei geholfen hat, deinen Besuch der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau zu organisieren. Wenn du ihn hilfreich gefunden hast, dann würde ich mich freuen, wenn du ihn auf Twitter oder Facebook teilen könntest. Das würde mir sehr helfen! Vielen lieben Dank!